In diesem Jahr wurde mir die Ehre zuteil, den Fachtag des Präventionsnetzwerks Finanzkompetenz zu moderieren und somit in die Fußstapfen von Hermann Josef-Tenhagen von Finanztip zu treten. Diese Rolle zu übernehmen war nicht nur ein großes Privileg, sondern auch eine Gelegenheit, einen entscheidenden Dialog zu fördern: Wie steht es um die finanzielle Bildung in Deutschland, und welche Weichen müssen gestellt werden, um in Krisenzeiten Lösungen für alle Menschen zu bieten?
Deutschland, als eines der wenigen OECD-Länder, leistet sich den Luxus, keine nationale Strategie zur finanziellen Bildung zu verfolgen. Ein scheinbares Paradoxon, vor allem in Zeiten, in denen Krisen wie Inflation, Kurzarbeit und steigende Lebenshaltungskosten das Leben vieler Menschen stark belasten. Immer wieder ertönt der Ruf nach einer institutionalisierten Vermittlung finanzieller Kompetenz – ihre Bedeutung für den Alltag ist unbestreitbar. Doch wie realistisch ist es, dass finanzielle Bildung die Herausforderungen, vor denen Verbraucher
aktuell stehen, allein auffangen kann?
Menschen in prekären Lebenslagen stehen vor einer immer komplexeren Finanzwelt. Unsichere Arbeitsplätze und steigende Miet- und Energiekosten verschärfen die Situation. Die Frage, wie ökonomische Bildung diesen Menschen helfen kann, sich gegen solche wirtschaftlichen Schocks zu wappnen, ist dringender denn je. Hier setzt das Präventionsnetzwerk Finanzkompetenz an. Es geht nicht nur um individuelles Wissen, sondern auch um die strukturellen und politischen Rahmenbedingungen, die es Menschen ermöglichen, finanziell sicher zu agieren.
Was der Fachtag 2022 gezeigt hat, ist, dass viele Initiativen zur finanziellen Bildung vor allem akademisch gebildete Zielgruppen adressieren. Vulnerable Gruppen, die am meisten von Finanzwissen profitieren könnten, werden oft übersehen. Doch gerade für sie ist es essentiell, dass Bildungsangebote nicht nur den Zugang verbessern, sondern auch relevant und verständlich gestaltet sind. Das Präventionsnetzwerk Finanzkompetenz setzt sich dafür ein, diese Lücke zu schließen und Menschen unabhängig von ihrer sozialen und finanziellen Lage zu erreichen.
Wir sollten also gemeinsam darüber nachdenken, wie wir in Zukunft ein Umfeld schaffen können, in dem finanzielle Bildung eine echte Hilfe in Krisenzeiten ist. Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Individuen, sondern auch in der Politik und in den strukturellen Rahmenbedingungen, die wir schaffen.
Der Fachtag 2022 war ein wichtiger Schritt, diese Diskussion voranzubringen, und ich hoffe, dass wir in den kommenden Jahren noch mehr Fortschritte machen, um wirklich alle Menschen zu erreichen.
Abschließend möchte ich mich noch bei dem kompletten Vorstand des PNFK bedanken, dass sie mir das Vertrauen geschenkt haben diese großartige Veranstaltung zu moderieren. Es war mir eine Ehre.
Jacob Risse
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